Die Autorin Lena Kiefer über Liebe und Sex in New Adult-Romanen, über das Gewicht von Story und Thema und die Bedeutung von Instagram.
Lena Kiefer, Sie sind erfolgreiche Autorin im Segment New Adult. Welche Themen kommen Ihrer Erfahrung nach bei den Leserinnen besonders gut an?
Verschiedene Aspekte von Mental Health kommen häufiger vor, also zum Beispiel Depression oder Angststörungen. Ebenso wie Familienprobleme oder Traumata. Ein erfolgreiches Buch in diesem Bereich kann aber auch ohne ein spezifisches Thema auskommen. Am Ende zählen immer die Emotionen und die Figuren – dass es glaubhaft ist, was sie erleben, und dass man sie dabei begleiten möchte. Ich persönlich schreibe nie vom Thema, sondern immer von der Story aus, die ich erzählen möchte.
Gibt es bestimmte Elemente, die ein New Adult-Roman immer enthalten sollte?
Ich bin keine Freundin von Dogmen, deswegen kann und will ich keine Checkliste ausgeben, anhand der man einen erfolgreichen New Adult-Roman schreibt. Wiederkehrende Elemente ergeben sich aber aus der Zielleserschaft: New Adult ist vor allem eine Altersgruppe, daher befinden sich die Figuren in einem bestimmten Lebensabschnitt. Sie stehen zum ersten Mal auf eigenen Füßen, müssen ihren Weg finden, machen tiefergehende Erfahrungen mit der Liebe und so weiter. Ein Studium ist oft Teil der Geschichten, jedoch nicht immer. Mein Protagonist Jessiah in „Westwell“ studiert zum Beispiel nicht und war auch nie an der Uni, sondern arbeitet.
Stichwort Liebe: Gehören eine oder mehrere Sex-Szenen dazu?
Sex ist ein Teil der Lebenswirklichkeit der Altersgruppe und deswegen gehört er auch zu diesen Geschichten. Aber anders als bei Erotikromanen steht er nicht im Zentrum der Handlung.
Welche Rolle spielt Sex demgegenüber in Young Adult-Romanen, wo die Protagonistinnen etwas jünger sind?
Young Adult unterscheidet sich von New Adult eher durch die Lebensphase der Protagonistinnen als durch die Frage, ob es Sex gibt oder nicht. Viele Young Adult-Romane beinhalten solche Szenen, sie sind nur meist nicht im Detail beschrieben.
New Adult-Romane arbeiten oft mit den klassischen Geschlechterrollen: ein Typ, der die Protagonistin rettet und beschützt. Oft steht ein „Bad Guy“ mit düsterer Ausstrahlung und weichem Kern im Mittelpunkt. Das ist ja weit entfernt vom Alltag und dem Selbstverständnis unabhängiger junger Frauen, die eine gleichberechtigte Partnerschaft führen. Trotzdem boomt das Genre. Warum sind solche Geschichten so erfolgreich?
Ich glaube, diese Sicht auf New Adult ist überholt und stammt aus Zeiten von vor sechs oder sieben Jahren. Deutsche Autorinnen, vor allem die erfolgreichen, legen heute großen Wert auf Augenhöhe in den Beziehungen – genau wie auf Protagonistinnen, die für sich einstehen. Es geht vielmehr darum, dass beide Partner aneinander wachsen und persönliche Probleme überwinden können, und darin finden sich die jungen Leserinnen und Leser meiner Erfahrung nach sehr gut wieder.
Wie schaffen Sie es, die Genre-Erwartungen von „New Adult“ zu erfüllen und den Plot gleichzeitig interessant und überraschend zu gestalten?
Es ist eine Gratwanderung, den Leserinnen und Lesern gleichzeitig genug Gewohntes und trotzdem auch etwas Neues zu bieten. Aber da ich mit meinen Spannungsplots ohnehin ein wenig aus dem Rahmen falle, mache ich mir darüber keine großen Gedanken. „Westwell“ hat gezeigt, dass die Zielgruppe die Kombination aus Romance und Crime-Elementen gerne liest, daher werde ich in diese Richtung weitermachen.
Ihre Reihe „Westwell“ spielt in der New Yorker High Society. Waren Sie für die Recherche vor Ort?
Da ich die Reihe während der Corona-Pandemie geschrieben habe, war das leider nicht möglich. Also habe ich vor allem Google Street View genutzt und außerdem mit Freunden und Bekannten gesprochen, die dort waren. Am Ende ist der Eindruck eines Ortes ohnehin immer ein subjektiver, deswegen kann es auch so gelingen, ein realistisches Bild zu zeichnen.
Wie haben Sie recherchiert, um die Welt der „Schönen und Reichen“ glaubwürdig darzustellen?
Mir war es wichtig, zu zeigen, dass die Zugehörigkeit zu einer solchen Familie nicht nur mit Privilegien eingehergeht, sondern auch mit Pflichten und Verantwortung. Es geht in diesen Büchern also weniger um Glamour und Reichtum als vielmehr um familiäre Strukturen und elterliche Erwartungen an Kinder, die dem entkommen wollen, aber nicht können. Das war mein Fokus, auch bei der Recherche.
Sie haben auf Instagram über 15.000 Follower. Wie wichtig ist Social Media, wenn man im Segment New Adult schreibt?
Instagram ist eine schöne Plattform, um mit den Leserinnen und Lesern in Kontakt zu kommen. Viele möchten den Menschen hinter den Büchern kennenlernen und ich gebe gerne Einblicke in meinen Alltag als Autorin oder erzähle etwas über kommende Projekte. Man sollte sich aber bewusst sein: Die eigene Social-Media-Präsenz ersetzt kein zielgerichtetes Marketing durch einen Verlag. Glücklicherweise habe ich das Team von LYX an meiner Seite, das sehr genau weiß, wie es die Zielgruppe erreicht.
Wie viel Zeit stecken Sie in Ihre Social Media-Präsenz?
Ich verbringe etwa eine halbe bis ganze Stunde täglich damit, Nachrichten zu beantworten, Inhalte zu posten oder unter Beiträgen zu kommentieren. Aber das ist gut investierte Zeit, da ich ja nicht für mich, sondern für meine Leserinnen und Leser schreibe – und es wirklich schön ist, mich mit ihnen auszutauschen.
Lena Kiefer ist Bestsellerautorin und schreibt sowohl Romance als auch Fantasy für die Zielgruppe New Adult. Sie liebt Plots, die es auf allen Ebenen schaffen, die Leserinnen zu fesseln.