„Als Bücher-Podcast wollen wir eine Alternative sein.“

Andrea Diner

F.A.Z.-Redakteurin Andrea Diener spricht über Podcasts aus der Szene und fürs Feuilleton, Moderieren zu zweit und warum zwischen zehn Minuten und drei Stunden alles drin ist.

Andrea Diener, Sie machen den Bücher-Podcast der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.), zusammen mit Ihrem Kollegen Fridtjof Küchemann. Wie sind sie zum Podcasten gekommen?  
Neue Internetformate haben mich schon immer gereizt, auch gebloggt habe ich schon sehr früh. Was Blogs vor 18 Jahren waren, das sind heute die Podcasts. Bis vor ein paar Jahren wussten die meisten noch gar nicht, was das überhaupt ist. Privat podcaste ich schon sehr, sehr lange. Angefangen habe ich zusammen mit einem Freund, mit einem Podcast, in dem ich von meinen Pressereisen erzähle. Den Bücher-Podcast für die F.A.Z. mache ich jetzt seit gut einem Jahr.

Seit wann gibt es Podcasts?
Den Namen gibt es seit 2004. In der Szene durchgestartet ist das Format 2012, als die Podcast-App von Apple standardmäßig auf jedem Mobilgerät zu finden war. Zuerst hatten Podcasts noch so einen unabhängigen Charakter, waren eher in der Szene bekannt. Dann kamen sie langsam auch in den etablierten Medien an. Die Zeitungen in Amerika haben vor vier oder fünf Jahren damit angefangen, in Deutschland vor ungefähr zweieinhalb Jahren.

Warum moderieren Sie den Bücher-Podcast zu zweit?
Dass einer allein redet, ist bei Podcasts wirklich die Ausnahme. Ein Gespräch hört sich einfach lebendiger an, da entstehen neue Blickwinkel, Themen entwickeln sich weiter. Wer selbst einen Podcast machen will, dem würde ich immer raten, sich Mitstreiter zu suchen.

Ihre Podcast-Folgen sind meistens eine Dreiviertelstunde lang, manchmal auch über eine Stunde. Ist das ein Gegengewicht zu den immer kürzeren Nachrichtenhäppchen heutzutage?
Eine Stunde – das ist für einen Podcast noch gar nichts! In der Szene gibt es viele, die machen das drei Stunden lang. Ich finde es sehr angenehm, dass Podcast mehr Raum lässt als Radio. Man kann sich auch mal länger auf ein Thema konzentrieren. Für den Nutzer ist es das einzige Internet-Format, bei dem man sein Gerät nicht in der Hand halten muss. Man kann Podcasts nebenbei hören, während einer Autofahrt, auf Reisen oder beim Kochen.

Inzwischen sind Podcasts bei einem breiten Publikum angekommen. Wirkt sich das aufs Format und die Länge aus?
Weil die Nutzerbasis sehr viel breiter geworden ist, haben sich auch die Nutzungssituationen verändert. Einige hören Podcasts auf dem Weg zur Arbeit, der dauert dann vielleicht nur eine halbe Stunde und nicht länger. So entstehen verschiedene Formate, zum Beispiel auch ganz kurze Nachrichtenpodcasts. Wie lang so ein Podcast ist, hängt natürlich immer auch von den Inhalten ab. Bei uns hat sich bisher keiner über die Länge beschwert, im Gegenteil: Wir bekommen sehr viel positives Feedback. 

Wie unterscheidet sich der Bücher-Podcast vom gedruckten Feuilleton?
Wir wollen eine Alternative sein. Wenn wir da einfach das gedruckte Feuilleton nacherzählen würden wäre das ja Quatsch. Anregungen beziehen wir schon aus der Druckausgabe, aber wir versuchen einen anderen Dreh zu finden und auch mal populärere Phänomene aufzugreifen. Zum Beispiel gucken wir: Was verkauft sich gerade sehr gut und kommt bei uns im Feuilleton gar nicht vor? Dafür ist im Podcast einfach mehr Platz. Das Internet ist groß und weit und so schnell nicht voll. Anders ist das bei einer Zeitung, da muss man viel mehr selektieren.

Haben unbekanntere Autorinnen und Autoren im Podcast eher mal eine Chance als in der gedruckten Ausgabe?  
Wir haben nur einen Podcast im Monat mit drei Themen, da müssen wir schon sehr selektieren. Wir sehen die Verlagsvorschauen durch und halten die Ohren offen, ähnlich wie bei der Auswahl für die gedruckte Ausgabe. Aber ich kann mir vorstellen, dass in vielen anderen Bücherpodcasts auch unbekanntere Autoren eine Chance haben. Vor allem wenn sie auf Social Media-Kanälen wie Instagram oder Twitter präsent sind, ist die Eintrittsschwelle bei Podcasts niedriger.

Haben Sie einen persönlichen Lieblingspodcast?
Einer der Podcasts, die mir wirklich sehr am Herzen liegen, ist „sexy und bodenständig“ von Till Raether und Alena Schröder. Sie selbst bezeichnen das als Entlastungspodcast für Autorinnen und Autoren. Es dreht sich alles ums Schreiben und das Schriftstellerleben: Schreiben über Kinder, Schreiben über Sex. Wie ist es, wenn man ein Manuskript abgibt und in ein Loch fällt? Solche Themen. Darauf freue ich mich jedes Mal.

Andrea Diener ist Feuilleton-Redakteurin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.). Sie schreibt Reisereportagen und Buchrezensionen, über Medien und übers Internet. Zusammen mit ihrem Kollegen Fridtjof Küchemann moderiert sie den Bücher-Podcast der F.A.Z. Sie erfand den Literaturpodcast „Tsundoku“ und ist regelmäßiger Gast in Holger Kleins Podcast-Reihe Wrint, in dem sie von ihren Reisen erzählt.