„Vergesst vor lauter Schreiben das Leben nicht!“

©Ulrike Schacht

Bestseller-Autorin Meike Werkmeister über Leistungsdruck, das zweite Buch und warum sie nur schreiben kann, was sie fühlt.

Meike Werkmeister, „Sterne sieht man nur im Dunkeln“ war Ihr Debüt bei einem großen Publikumsverlag und einer der erfolgreichsten Sommerromane 2019. Im Mai ist Ihr zweiter Roman „Über dem Meer tanzt das Licht“ erschienen. Haben Sie beim Schreiben des zweiten Buches Ihren großen Erfolg als Ansporn empfunden – oder eher Bremse?
Beides. Mich haben 2019 viele Nachrichten erreicht von Leserinnen und Lesern, die mich baten, unbedingt weiterzuschreiben und die fragten, wann endlich mein neuer Roman herauskäme. Das hat mich unglaublich gefreut und motiviert. Auf der anderen Seite war ich nun erstmals in meinem Autorinnenleben in der Situation, Erwartungen erfüllen zu wollen. Die der Leserinnen, die „Sterne sieht man nur im Dunkeln“ geliebt haben und die ich nicht enttäuschen wollte. Und die des Verlages, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel Mühe und Zeit investieren, damit meine Bücher erfolgreich werden. Ich habe mir da selbst viel Druck gemacht und es hat etwas gedauert, bis ich richtig ins Schreiben gefunden habe.

„Über dem Meer tanzt das Licht“ hat es ebenfalls auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft. Wie haben Sie das hinbekommen? 
Ich glaube, es war eine Mischung aus günstigen Faktoren: Leserinnen und Leser, die das erste Buch mochten und sich das zweite deshalb gekauft haben, gute Marketing-Arbeit vom Goldmann-Verlag, großartige Buchhändler, die „Über dem Meer tanzt das Licht“ trotz Coronazeit in Stapeln auf ihre Tische gelegt haben, viele begeisterte Rezensionen und am Ende natürlich der Roman selbst, der glücklicherweise wieder viele angesprochen hat.

Wenn ein Roman sehr erfolgreich war, liegt es nahe, an das Bewährte anzuknüpfen, auch für den Verlag. Wie frei waren Sie als Autorin bei der Themenwahl und beim Plot?
Man hat mir da viel Freiheit gelassen. Wohl auch weil wir uns bisher immer einig waren, was die Richtung angeht.

Und wie lief die Überarbeitungsphase – war Ihre Lektorin nach dem großen Erfolg beim zweiten Buch besonders kritisch? 
Ich finde, dass sie genauso kritisch war wie beim ersten, und ich habe sie darin auch angefeuert, da jede ihrer Anmerkungen den Text besser macht. Diesmal konnte ich beim Schreiben bereits einiges umsetzen, was ich aus dem ersten Lektorat mitgenommen hatte. Vielleicht waren es es deshalb am Ende weniger Anmerkungen als beim ersten Mal.

Gab es etwas, das Sie selbst auf jeden Fall anders machen wollten als bei Ihrem ersten Bestseller?
Ich habe mich bei „Sterne sieht man nur im Dunkeln“ ziemlich gestresst, was meine eigenen Social-Media-Kanäle angeht. Ohne Zweifel sind die heutzutage für Autoren wichtig und auch ein Geschenk, weil man direktes Feedback bekommt und persönliche Kontakte zu seinen Leserinnen und Lesern pflegen kann. Die ständige Beschäftigung damit hat mich aber vom Schreiben abgehalten, deshalb war ich dort diesmal weniger aktiv als im vergangenen Jahr.

Vor Ihren Bestsellern bei Goldmann haben Sie schon mehrere Sachbücher und einen Roman veröffentlicht. Wie hat sich der Schreibprozess im Laufe der Zeit verändert, was haben Sie dazugelernt? 
Ich habe über die Jahre beobachtet – auch in meinem Seminar bei der Textmanufaktur übrigens – dass es unterschiedliche Schreibtypen gibt. Manche Autorinnen oder Autoren sind beispielsweise Fleißschreiber, die sich täglich ein Pensum setzen müssen, um an ihr Ziel zu kommen. Ich bin eher eine emotionale Schreiberin. Heißt: Ich habe selten Motivationsprobleme, aber was ich nicht fühle, kann ich nicht schreiben. Das Wichtigste für meinen kreativen Prozess ist also, eine Geschichte und Figuren zu finden, von denen ich selbst hingerissen bin. Und dass ich Spaß am Schreiben habe. Dann wird es auch gut. Dorthin zu kommen ist leider nicht immer ganz leicht.

Haben Sie einen Tipp für Autorinnen und Autoren, die mit dem zweiten Buch ringen?
Inspiration findet man beim Leben. Daher vergesst bitte vor lauter Schreiben das Leben nicht.

Meike Werkmeister, Jahrgang 1979, lebt mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn in Hamburg. Sie ist Buchautorin und schreibt als freie Journalistin für verschiedene Magazine. Wann immer sie Zeit findet, fährt sie ans Meer – besonders gern nach Norderney, wo sie seit Kindertagen mit ihrer Familie Urlaub macht.