Ein Problem namens Heinrich

Im Februar erscheint der erste Roman der Schweizer Autorin Alexandra Holenstein „Das Heinrich-Problem“ im S. Fischer Verlag. Vier Frauen schmieden auf hochamüsante Weise einen Racheplan an dem Mann, der sie alle betrogen hat. Ein Roman über die kleinen und großen Enttäuschungen in langjährigen Ehen und die diebische Freude an der Bloßstellung eines Narzissten.

Frau Holenstein, Ihr erster Roman erscheint am 27. Februar im Fischer Verlag. Worum geht es?
In meinem Roman „Das Heinrich-Problem“ geht es um einen Klassiker: Betrug und Täuschung in der Ehe bzw. in jeder Form von Beziehung. Das ist ein Thema, das mich fasziniert, hat es doch sehr viel damit zu tun, wie wir überhaupt mit der Wahrheit umgehen, auch in Bezug darauf, was wir selbst gerne glauben möchten.
Dann geht es in Bertis und Heinrichs Geschichte aber auch um persönliches Wachstum, denn jede Lebenskrise bietet die Möglichkeit, gestärkt aus ihr hervorzugehen. Das ist das, was meiner Protagonistin gelingt. Dass sie bei der Gelegenheit ihrem schlitzohrigen Mann mit Hilfe einiger Leidensgenossinnen eine Lektion erteilen kann, ist ein Nebeneffekt, der der Romanhandlung zusätzlich Esprit und Spannung verleiht.

Wie sind Sie an die Geschichte rangegangen?
„Das Heinrich-Problem“ ist mein Erstling. Ich bin beim Schreiben eher intuitiv vorgegangen. Mittlerweile bin ich wesentlich organisierter. Der Plot muss für mich jetzt bereits am Anfang klar dastehen, damit ich abschätzen kann, ob das Ganze Hand und Fuß hat und ob der Handlungsbogen gut platzierte Spannungsmomente aufweist. Ein genau durchdachter Plot muss nicht rigide sein.

Viele (angehende) AutorInnen geben an, dass sie schon seit ihrer frühen Kindheit schreiben wollen – wie war es bei Ihnen?
Nein, es war schon immer mein Wunsch, Lehrerin zu werden und so ist es dann auch gewesen. Als Deutschlehrerin im italienischsprachigen Süden der Schweiz hatte ich kontinuierlich mit Sprache zu tun. Das Kreative hat sich dabei allerdings auf die Gestaltung von didaktischem Material und abwechslungsreichem Unterricht beschränkt. Doch als ich mich vom berufstätigen Leben verabschiedet habe, war mir klar, dass ich mich dem Schreiben von Geschichten und Romanen zuwenden wollte.

Wie sind Sie dann zu einem Verlagsvertrag gekommen?
Das war schon wie ein kleines Märchen. Gleich, nachdem ich aus dem Arbeitsalltag draußen war, habe ich einen Kurs zur Romanentwicklung bei der Fischer Lektorin Cordelia Borchardt besucht. Unnötig zu sagen, dass ich dabei sehr viel gelernt habe. Mehr noch, mein erster Roman ist in diesem inspirierenden Umfeld gewachsen und gediehen. Am Ende des Kurses bekam ich ein Angebot einer Agentur und bald darauf folgte der Vertrag beim Fischer Verlag. Noch heute staune und freue ich mich darüber sehr und bin allen Beteiligten enorm dankbar.

Oft heißt es, in der Branche hätten nur jüngere AutorInnen eine Chance. Wie sind Ihre Erfahrungen?
In unserer auf Jugendlichkeit fixierten Zeit ist man ab einem gewissen Alter tatsächlich keine „heiße Ware“ mehr. Bis zu welchem Grad das auch für die Buchbranche gilt, kann ich schlecht beurteilen. In meinem Fall glaube ich sagen zu dürfen, dass mich die mehr als drei Jahrzehnte Arbeit mit pubertierenden Jugendlichen jung gehalten haben. Ich weiss, es klingt abgedroschen, aber letztlich ist man so jung, wie man sich fühlt, und dieses Gefühl von sich selbst dringt wiederum nach außen. Dabei geht es dann weniger um das Jungsein im Sinne eines Werbespots für Hautcreme als das von Lebendigkeit und der Freude an Neuem. Es gibt aber noch einen anderen Aspekt. Eine erhebliche Zahl der Leserinnen ist in der Altersgruppe der über Vierzigjährigen. Wer selbst schon einiges erlebt hat, weiß zu schätzen, wenn eine Autorin ihre eigene Lebenserfahrung in eine glaubwürdige Romanhandlung fließen lässt. Mit fünfundvierzig/fünfzig möchte eine Frau nicht unbedingt etwas von heißen Partynächten und Tinder-Dates lesen.

Was raten Sie angehenden AutorInnen?
Mit den Ratschlägen ist das so eine Sache. Ich denke einfach, dass es wichtig ist, sich beim Schreiben die Freude am Schaffen zu bewahren, das heißt letztlich auch, bei sich selbst zu bleiben und einen eigenen unverwechselbaren Ausdruck zu finden. Bloß nicht irgendwelchen Trends hinterherhetzen, von denen man meint, die seien gerade der Renner. Das funktioniert meines Erachtens genauso wenig wie der Versuch, einen bestimmten Stil zu kopieren. Und darüberhinaus: lernen und nochmals lernen, ausprobieren, nicht locker lassen. Dass alles erreichbar sei, wenn man es nur wolle, glaube ich hingegen nicht. Ob das eigene Tun dann nämlich von Erfolg im Sinne eines Verlagsvertrags gekrönt wird, hängt bestimmt von vielen Faktoren ab, unter anderem auch von einer kleinen Dosis Glück: in the right time at the right place.


Alexandra Holenstein: Das Heinrich-Problem
Taschenbuch Preis € (D) 9,99 | € (A) 10,30
ISBN: 978-3-596-70169-8
368 Seiten, 2019